Mittwoch, 1. August 2007

rush hour | Zugfahrt-Eigenarten | Takeshi´s Yoghurt



Leider, leider kam ich bisher noch nicht in den Genuss, die Gleiswärter in Aktion zu sehen, wie sie Mensch um Mensch in den Zug drücken.
Japanisches Zugfahren hat aber auch ohne dieses Ereignis einige berichtenswerte Eigenheiten:
1) Auf den Zug wartend stellt man sich am Bahngleis an: der grüne Streifen, der auf dem Bild vor der geöffneten Türe zu sehen ist, markiert den Anfang der Schlange. Das Schöne - alle halten sich an diese Anstellordnung. (Man sagt, dass sich Japaner und Engländer in vielerlei Hinsicht ähneln: yes, they both do like to queue.
2) Zugtüren öffnen sich automatisch - weder ein Knopfdruck, das Praktizieren von Armdrückübungen, noch das Tänzeln vor einer Lichtschranke sind vonnöten, damit sich die Türe öffnet. Sonja hat sich lustigerweise schon so sehr an diesen Service gewöhnt, dass sie in Hongkong hilflos vor einer verschlossenen (mit Druckknopf ausgestatteten) Zugtüre stand und nicht wusste, wie sie dieses Gefährt je verlassen sollte.
3) Fast jedes Zugabteil hat so genannte "Priority Seats": Für Alte, Schwangere, Gehbehinderte etc. Selbst zu relativen "rushigen" Zeiten, bleiben diese Sitze meist leer. So sind sie die Japaner: höflich, äußer
st höflich.
Eine weitere Kategorie sind die rosa
ausgeschilderten "Women-Abteile", die zu bestimmen morgendlichen Rush-Hour Zeiten am Morgen für Frauen reserviert sind. Man versucht so, das Grapschen während gedrängtem Stehen zu vermeiden. (Beliebt auch: Beim-Rolltreppe-fahren-unter-den-Minirock-fotographieren.)
4) Telefoniert wird nicht im Zug. Dennoch ist das Handy-Nutzen natürlich erlaubt - und wird genutzt: Um Filme anzusehen, für Handy-Spiele oder um im Internet zu surfen.

Gelesen wird natürlich auch im Zug - und schon wieder treffen wir auf eine schöne japanische Eigenart: Alle, aber auch wirklich alle Bücher werden eingebunden. Erst dachte ich, dass es sich um Schutzumschläge für den feuchten Tokyo-Sommer handelt. Aber nein. Es ist schlicht und ergreifend ein weiterer Fall von "Schutz der Privatsphäre". Bereits in der Buchhandlung wird das Werk mit einem neutralen Umschlag versehen.

Kürzlich saß ich zwischen einer Sudoku-lösenden Frau und einem Manga-schmökernden Mann im Zug und freute mich, dass manche Klischees in der Realität so angenehm natürlich wirken können.


Nun fragt sich der geneigte Leser sicherlich: und wo bleiben die Bilder der schlafenden Japaner? Das käme leider einem sträflichen Eindringen in die Privatsphäre gleich. Nur so viel: Es gibt sie - en masse und auch im Stehen.


Plakat zu Verhaltensregeln in der Tokyoter U-Bahn: bitte Kopfhörer so leise stellen, dass Sitznachbar nicht belästigt wird; Gepäck und eigene Körperteile bitte so platzieren, dass nur ein Sitz in Beschlag genommen wird; don´t talk on your cell phone.
Nun könnte man sagen - ist das nicht etwas übertrieben? Nein, denn die Millionen Tokyos wollen organisiert sein - und das funktioniert eben nur über solches Verhalten.

http://www.mintetsu.or.jp/



北野 武

Auf den ersten Blick eine Joghurt-Werbung in der Metro: auf den zweiten Blick: Takeshi Kitano, der nüchtern fragt: "Na, erwachsen?". Na dann, nichts wie in den nächsten "Convi" (Japan-Slang für convenience store) und zum LG21 gegriffen.
[Takeshi Kitano, *1947 in Tokyo, ist Regisseur, Schauspieler, Dichter, Autor, TV- und Radiomoderator, Maler und populärer Comedian (Takeshi´s Castle).]

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